Als meine Mutter sich in den 1980er-Jahren wegen anhaltender Depressionen stationär behandeln ließ, musste ich in eine Pflegefamilie.

Nach kurzer Zeit in der Pflegefamilie kam es zu Annäherungsversuchen sowie Handgreiflichkeiten des Pflegevaters mir gegenüber. Ich war damals elf Jahre alt. Der Pflegevater zog mich häufig an sich heran, drückte meinen Körper an seinen, griff mir an den Hintern und verlangte Küsse von mir, bei denen er versuchte mir die Zunge in den Mund zu drücken. Die Annäherungen begannen schleichend, oft mit Aussagen wie: „Na komm mal her, du bist doch mein braves Mädchen!“ Auf Ablehnung reagierte der Pflegevater mit schlechter Laune, die sich steigerte und auch Sanktionen wie Hausarrest nach sich ziehen konnte, bis ich wieder "brav" war. Er fing auch an, mich zu schlagen. Als ich einmal damit drohte, meiner Mutter von den Schlägen zu erzählen, redete mir die Pflegemutter ins Gewissen. Sie sagte, ich dürfe meiner Mutter nichts erzählen, da ich ansonsten Schuld sei, wenn es ihr noch schlechter ginge und sie gar nicht mehr gesund werde. Dann nahm sich meine Mutter das Leben.

Bereits wenige Wochen nach dem Tod meiner Mutter fanden die Missbräuche fast täglich statt, gelegentlich mehrmals täglich. Der Pflegevater drückte seine Zunge in meinen Mund und rieb nicht selten seinen erigierten Penis an mir. Auch die gewalttätigen Übergriffe des Pflegevaters wurden massiver. Ich fühlte mich sehr hilflos und ausgeliefert. Ich wandte mich an das Jugendamt, erhielt jedoch keine Hilfe. Als ich den Pflegevater einmal dabei erwischte, wie er mich im Badezimmer durch das Schlüsselloch beobachtete, sprach ich mit der Pflegemutter. Diese deckte ihren Mann und reagierte sehr aggressiv auf mich. Einmal wollte mich der Pflegevater sogar in Gegenwart des Jugendamtes schlagen, eine Mitarbeiterin konnte ihn gerade noch davon abhalten. Ich wurde von den Pflegeeltern in ein Kinderheim gegeben und sofort wieder herausgeholt, als man bemerkte, dass es mir dort gefiel und ich dort bleiben wollte. Das Jugendamt kritisierte auch dieses Vorgehen scharf, unternahm aber nichts. Trotz der Ankündigung von Konsequenzen zog sich das Jugendamt komplett zurück, es gab keine Kontrollen mehr und keine Maßnahmen zu meinem Schutz.


Es gab keine Kontrollen mehr und keine Maßnahmen zu meinem Schutz.

Ein halbes Jahr später wurde ich zu meinem leiblichen Vater abgeschoben. Mein Vater war gewalttätig, aber der Missbrauch hörte auf. Nach einem Jahr brachte mich mein Vater bei Bekannten unter. Der neue inoffizielle Pflegevater arbeitete als LKW-Fahrer und nahm mich auf eine zweitägige Tour mit. Ich war damals 16 Jahre alt. In der Nacht zum zweiten Tag vergewaltigte er mich, obwohl ich mich heftig wehrte. Als ich mich an meinen leiblichen Vater wandte, half dieser mir nicht, sondern brachte mich zurück zu den inoffiziellen Pflegeeltern. Dort angekommen wurde ich in das Kinderzimmer eingesperrt. Mein Vater erzählte von den Vorwürfen. Danach wurde ich von den Söhnen und der Pflegemutter auf demütigende Weise beschimpft und bedroht. Als ich sagte, dass ich das doch nicht gewollt und mich gewehrt habe, wurde sie sehr zornig und sagte drohend, ich solle so etwas ja nicht noch einmal wagen zu sagen. Es machte nicht den Eindruck, als wolle man mich schützen, sondern als wolle man gemeinschaftlich die Tat vertuschen. Von einem Versuch zur Polizei zu flüchten, um Anzeige zu erstatten, wurde ich von den Söhnen gewaltsam abgehalten. Mein leiblicher Vater drohte mir daraufhin sehr kalt und emotionslos, dass er dafür sorgen werde, dass ich in der Irrenanstalt lande, sollte ich nochmals versuchen die Polizei zu informieren.

Erst nach einer Woche, in der ich meinem Vergewaltiger und seiner Familie schutzlos ausgeliefert war, holte mein Vater mich aus der Pflegefamilie heraus und nahm mich wieder in seinem Haus auf. Hier litt ich erneut unter der Gewalttätigkeit meines Vaters. Schließlich flüchtete ich zu einem Bekannten, der mich zur Polizei und zum Jugendamt begleitete. Ich erhielt jedoch wieder keine Hilfe. Bis zu meiner Volljährigkeit musste ich mittellos bei diesem Bekannten und teils auch auf der Straße leben, da mein Vater weiterhin mein Waisengeld bezog.