Ich habe lange mit mir gekämpft und finde jetzt erst den Mut, mich an Sie und Ihre Kommission zu wenden. Ende der 1950er-Jahre siedelte meine katholische Familie nach Deutschland um. Bald darauf wurde meine Mutter sehr krank und man brachte mich mit meiner jüngeren Schwester für ein paar Monate im katholischen Kinderheim unter. Als ältere Schwester sollte ich auf meine fünf Jahre jüngere Schwester aufpassen und ihr eine Stütze sein. Zu diesem Zeitpunkt war ich gerade acht Jahre alt.


Ich durfte meine kleine Schwester nie sehen,
obwohl ich auf sie aufpassen sollte.

In der Gemeinde war damals ein Vikar tätig. Während meines Aufenthaltes in diesem Kinderheim wurde ich von ihm sexuell missbraucht. Erschwerend kam für mich dazu, dass ich meine kleine Schwester nie sehen durfte, obwohl ich auf sie aufpassen sollte. Die Nonnen waren sehr streng mit all den Verboten und Strafen.

Mir fällt es sehr schwer darüber zu schreiben, da ich keine Zeugen benennen kann. Dazu kommt mein innerer Konflikt, wie ich es beweisen soll. Aber so viele Menschen haben über Jahre ihre ganze Kraft aufgebracht, um in dieser Aufarbeitung Erfolge zu erzielen. Ich bin jedem Einzelnen dankbar dafür. Dankbar auch dafür, dass jetzt so viel an die Öffentlichkeit kommt und auch öffentlich darüber geredet wird. Ich nutze jetzt diese Chance für mich und melde mich als Betroffene, bevor mein Mut mich verlässt.