Ich war irgendwas zwischen acht und zehn Jahre alt. Wir hatten regelmäßig Schwimmunterricht bei unserem Sportlehrer, einem mir damals bereits unangenehmen Mann im Alter von ca. 40‒50 Jahren.

Vor und nach jeder Schwimmstunde mussten wir duschen gehen in diesen großen, verwinkelten Sammelduschen. Zum Prozedere gehörte es, dass wir unsere Badehosen ausziehen sollten, und dann mussten wir einzeln antanzen vor ihm, um ihm zu zeigen, dass wir uns untenrum auch „richtig“ eingeschäumt hatten. Es gehörte irgendwie dazu, also der Ablauf war klar geregelt, erst mit dem Bus zur Schwimmhalle, dann umziehen, duschen, inspizieren lassen, schwimmen. Das betraf alle anwesenden Jungs meiner Klasse. Mir war dieser Vorgang immer extrem unangenehm, aber dass das etwas grundsätzlich Falsches, Grenzverletzendes, Übergriffiges war, so etwas von Kindern einzufordern, das ist mir erst Jahre später bewusst geworden.

Mir war dieser Vorgang immer extrem unangenehm.

Ich fühlte mich angeekelt davon, mich nackt diesem Sportlehrer zu präsentieren. Ich habe seitdem ein grundlegendes Misstrauen in jedwede männlichen Betreuungspersonen und ein gestörtes Verhältnis zu Körper und Nacktheit. Erst Jahre später habe ich meinen Eltern davon erzählt. Mit etwa 16 oder 17 Jahren bin ich zu meiner alten Grundschule gefahren und wollte diesen Sportlehrer konfrontieren, habe mich aber schlussendlich nicht getraut, das Schulgelände zu betreten.