Der Fall, den ich glaubte als relativ neue Kollegin öffentlich machen zu müssen, war dem Kollegium bereits seit Jahren bekannt. Das Verhalten eines nicht-pädagogischen Mitarbeiters deckte sich nicht mit meinem Verständnis von einem grenzwahrenden Umgang gegenüber Grundschülern. Anfangs suchte ich Unterstützung bei der Schulleitung. Dies hatte zur Folge, dass mein Klassenraum mit Schränken verstellt wurde, ich kein Papier mehr zum Kopieren erhielt - man könnte es auch Mobbing nennen.

Eigentlich hatte ich das Problem im Kollegium benannt, alles schriftlich dokumentiert und den entsprechenden Stellen zukommen lassen. Mehr war nicht möglich. Das Ergebnis: Ich wurde wegen Störung des Schulfriedens umgesetzt, gegen mich lag eine Anzeige wegen Verleumdung vor und die Person, die eigentlich hätte sanktioniert werden sollen, wurde nach sechs Monaten auf eigenen Wunsch erneut an eine andere Grundschule zurückversetzt.

Mutige Menschen werden an Schulen nicht mit offenen Armen empfangen.

Meine Kolleginnen und Kollegen führten verschiedenste Gründe an, warum sie dieses Verhalten hingenommen haben. Hier nur ein paar Beispiele:

‐ „Was soll ich machen? Die Schulleiterin raucht mit ihm zusammen.“
‐ „Warum ich? Alle sehen es, denn alle haben Aufsicht.“
‐ „Das ist ein sensibles Thema, da muss man mit Anschuldigungen vorsichtig sein.“
‐ „Ich habe ihn bereits vor drei Jahren bei der Schulleitung gemeldet und nichts ist passiert.“

Auch an anderer Stelle erhielt ich keine Unterstützung. Die Gleichstellungsbeauftragte war ganz erstaunt über mein Anliegen. "Ich weiß gar nicht was sie wollen. Wir sind in der Grundschule, da kommt man sich schließlich nahe." Das Schulamt reagierte ebenfalls überrascht. Schließlich lagen durch meine Schulleitung für diese Person ausreichend Belobigungen vor, unter anderem für das "unermüdliche Schleppen von KOPIERpapier und als Tröster und Trockner von Tränen." Selbst die Mailanfrage einer besorgten Mutter, bei der ebenfalls die "Alarmglocken" angingen, wurde abgewiegelt.

Ich habe privat viel Anerkennung für meinen "Mut" bekommen. Aber glauben Sie mir: Mutige Menschen werden an Schulen nicht mit offenen Armen empfangen, denn sie könnten den Finger in eine Wunde legen und die eingerichtete Bequemlichkeit möglicherweise stören.