Meine Tochter war zwischen zehn und elf Jahre alt, als sie missbraucht wurde. Es war ein „Freund“ von mir, der sich jede Woche mit mir zum Musik machen traf. Ich hatte absolut keine Ahnung, bis sie es mir vor fast zwei Jahren erzählte. Ich erinnere mich, dass er eines Tages bei uns anrief und fragte, ob sie mit ihm ein Video ansehen könne, wenn er allein sei. Ich fand das seltsam und sagte Nein. Damals erzählte er mir, dass er Autist sei und erfand eine glaubwürdige Geschichte.

Als ich es schließlich herausfand, änderte sich alles. Wir gingen zur Polizei und erstatteten Anzeige. Es wird also ein konkretes Ergebnis geben, und ich glaube, dass es eine Art Gerechtigkeit geben wird. Aber das mit der Gerechtigkeit ist nur ein kleiner Aspekt. Viel wichtiger ist, dass sie es uns gesagt hat. Wenn Euch so etwas passiert ist oder passiert, erzählt es bitte Euren Eltern, einem Lehrer, der Polizei, einem Erwachsenen. Es wird niemals einen „guten“ Zeitpunkt geben, um darüber zu sprechen. Wartet also bitte nicht auf den richtigen Zeitpunkt. Das Gespräch wird schwierig und schmerzhaft sein, aber wichtig ist: Ihr habt nichts falsch gemacht. Sprecht darüber. Jetzt. Die Wut und der Schmerz der Eltern, die Ihr vielleicht spürt, wenn Ihr anfangt zu sprechen, richten sich nicht gegen Euch, sondern gegen die Verletzung, die Euch jemand zugefügt hat.

Sprecht darüber. Jetzt.

Meine Tochter hat einen Monat lang nicht geschlafen, weil sie sich Sorgen machte, es uns zu sagen. Für mich ist das Schlimmste, dass ich mich mehrmals mit ihm getroffen habe, etwas getrunken und Musik gemacht habe, während sie sich Sorgen machte, wie ich reagieren würde. Als sie es mir sagte, musste ich ihr gleich zu Beginn versprechen, dass ich nichts tun würde, dass ich abwarten und sie entscheiden lassen würde, was passiert. Das war sehr schwierig, denn wie jeder Vater wollte ich ihn sofort aufsuchen. Aber ich tat es nicht. Ich habe gewartet, und als sie zu Ende gesprochen hatte, haben wir ihr dringend empfohlen, ihn anzuzeigen. Familienmitglieder, die zu diesem Zeitpunkt hier waren, rieten uns davon ab. Dass nichts unternommen werden würde. Dass man ihr nicht glauben würde. Dass es alles nur noch schlimmer machen würde. Sie lagen falsch. Die Dinge haben sich in den letzten Jahren sehr verändert. Die Polizei hörte zu und nahm eine Videoaussage auf. Wir sind immer noch in Therapie. Meine Tochter hat zwar noch Albträume, aber es geht ihr besser.

Ich fühle mich schuldig, dass das passiert ist. Dass es ein „Freund“ von mir war. Dass ich es nicht irgendwie „wusste“. Aber ich bin so stolz auf meine Tochter, dass sie sich getraut hat, darüber zu sprechen und mutig genug war, etwas zu unternehmen. Dieser kranke Mann ist jetzt auf dem Radar der Polizei. Sie wissen, was passiert ist, und obwohl er noch nicht verurteilt ist, wissen sie, dass gegen ihn ermittelt wird, falls noch etwas passiert.

Aber wir sind frei.